Ich bin am vergangenen Dienstag zu einer Ausstellung in der Bremer Kunsthalle gewesen.

Religiös vorgeurteilt sind Ikonen immer ein spannendes Thema für einen Priester. Die Ausstellung überraschte mich sehr.
In der alten Bischofsstadt Bremen, Ansgar und Rimbert haben die ersten Jahrhunderte der Christianisierung geprägt und sind bis heute Zeugen und Patrone in der Stadt, hat der Glaube einen Platz. Im „katholischen Viertel“ rund um St. Johann gibt es zahlreiche Angebote der Kirche (Soziallädchen des Sozialdienst Katholischer Frauen, eine Dusche und einen Teestube für Obdachsuchende, ein 2001 gegründetes Frauenkloster der Birgitten, etc.)
Mit einem Freund habe ich die Gegend, die ich schon von Besuchen kannte, nochmals genauer besichtigt und auch ins Gebet genommen (Messe im Kloster, Gebet in St. Johann, Besuch des Domes mit dem Grab des Hl. Ansgars, Besuch im Domschatzmuseum).
Schließlich waren wir in der Ausstellung in der Kunsthalle. Auf den Plakaten strahlt mir die Mona Lisa entgegen. Erstmal keine Ikone in meinem Verständnis.
Die Ausstellung beginnt mit einem großen goldenen Kubus, den sieht man als erstes, wenn man hineingeht „The death of James Lee Byars“, 1994. Angezogen vom warmen Goldton und von der Wertigkeit erfährt man schnell, dass der Performancekünstler (selbst an Krebs erkrankt) seinen eigenen Tod im Goldenen Anzug inszenierte. An den Stellen, die sein Körper mit dem Boden berührte, liegen nun Swaroswki-Steine. Ziemlich golden – weiterhin.
Wir hatten uns leider nicht ganz an die Ordnung gehalten der Wegstrecken gehalten, sonst wären wir hier erst zu einem späteren Zeitpunkt vorbeigekommen und hätten das „Kunstwerk“ zu Beginn gleich besser einordnen können.
Den eigentlichen Start bildete eine Christusikone aus dem 16. Jahrhundert. Göttliches wurde sichtbar. So könnte man vielleicht diese russische Arbeit bezeichnen. Die Ikone wird ja nie gemalt, sondern geschrieben. Wer mehr dazu erfahren will, kann sich gerne an die Schwestern der Abtei Burg Dinklage wenden: http://www.abteiburgdinklage.de/betriebe/ikonenwerkstatt/ikonenschreiben.html. – Sr. Antje beschreibt dort die Technik.
Mit diesem menschlich-göttlichen Bild geht es in die Ausstellung hinein. Und die Ikone – das sichtbar gewordene Bild des Göttlichen – begleitet den Betrachter nun. Es folgen Bilder über Heilige und Altäre, bis man schließlich in den Bereich der vergleichenden Religionen kommt und die Schöpfungen von Heiligen in anderen Kulturen sieht.
Vom konkreten Bild geht es über in die Abstraktion. Wassily Kandisky sei hier zu nennen. Das Heilige im Plastischen wird nun weniger greifbar –> eben bis hin zur Performance des Künstlers Lee Byars.
Ein tolles, mehrstimmiges Erlebnis dieses „Nichtgreifbaren“ macht ein Chorstück deutlich.
Spem in alium – „Hoffnung auf einen anderen“ geht zurück auf den englischen Komponisten Thomas Tallis (1505-1585). A-capella stehen sich vierzig Stimmen im Kreis gegenüber und jeder muss seine Stimme vom nächsten oder gegenüber abnehmen und so entsteht ein wahrer Ohrenschmaus. Hier sind nun 40 Lautsprecher und man kann aus jedem die einzelne Stimme hören.
Der Übergang in die Moderne gestaltet sich mit der Mona Lisa oder dem Selbstbildnis von Vincent van Gogh. Es wirkt wie ein eingeprägtes Bild, das einen überall hinbegleitet und das man sofort erkennt. Es ist ja quasi schon ein Foto, was man auf T-Shirts, Streichhölzern, Puzzeln etc. findet. Aber eben noch als Druckerzeugnisse.
Fotos sind da nur der nächste Schritt: Ikonen von Politikern, Persönlichkeiten, Stars und Sternchen und schließlich bewegte Bilder in der Welt des Internets. YouTube und Instagram machen es möglich, selbst zur (Mode-, Selbst-)Ikone zu werden.
Eine wirklich beeindruckende Ausstellung, die es schafft, den Übergang des Göttlichen in die menschliche Dimension nachzuzeichnen und auch eine Antwort der Ikonen von heute zu geben.

Und schnell merke auch ich: Nicht nur die Christusikone ist zum Anbeten, sondern auch große Bilder und auch Persönlichkeiten, die man innerlich sehr wertschätzt – ja auch verehrt.