Sehr geehrte Vertreter*innen aus Politik, dem VdK und der Gesellschaft, Sport und Ehrenamt, Vereinsleben und Rettungsdiensten!
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Gedenken zum Volkstrauertag bleibt Jahr für Jahr ein Vermächtnis, dass uns vor Augen hält, was Kriege über die Zeit hinaus anrichten. Opfer eines Krieges sind nicht nur die unmittelbar am Krieg beteiligten Gegner, sondern Familien: Frauen und Männer und Kinder, die an den schrecklichen Auswirkungen leiden. Nicht nur Not und Entbehrung zur Zeit des Krieges, sondern auch die physische Beeinträchtigung und nicht zuletzt die seelischen Folgen sind in das Erbe einprogrammiert.
Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft sind durch ihr Leben hindurch an ihr Leid geknüpft:
Die Gewaltgeschichte der Weltkriege, der Schoah und weiterer Verbrechen gegen die Menschheit schockieren uns Menschen, weil Menschen sie verbrochen haben.
Ein gemeinsames Gedenken am heutigen Tag und die Kranzniederlegungen bezeugen aber, dass wir uns mit dem gemeinsamen Erbe auseinandersetzen. Die Zukunft soll anders sein. Gewaltfreier – Menschenfreundlicher – Friedlicher.
Dieser Appell ergeht an die nachfolgenden Generationen, die aus Erzählungen von noch lebenden Zeitzeugen, die von Dokumentationsstätten und auch durch die Medien Kenntnisse über das Unrecht erfahren, das anderen zuteilwurde und immer noch wird: Wir sehen nach Syrien, Afghanistan, Irak und die Auseinandersetzungen auch an den Europäischen Rändern.
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Die deutschen Verfassungsorgane werden ebenso wie wir als Gemeinden an das Unrecht erinnern: «Die Zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag 2021 steht im Zeichen der Erinnerung an den besonders grausamen und verlustreichen Angriffs- und Vernichtungskrieg in Ost- und Südosteuropa, der vor 80 Jahren mit der Besetzung von Jugoslawien und Griechenland sowie dem Überfall auf die Sowjetunion begann.»[1]
Gerade ein solch stiller Gedenktag, an dem auch an allen kommunalen Gebäuden und Einrichtungen die Fahnen auf Halbmast gesetzt sind, lässt uns im sonstigen Trubel des Alltags aufmerken und uns erinnern.
Zusammen an einem Tag erinnern wir mit den politischen Gremien, den Kirchengemeinden, den Bruderschaften und der Feuerwehr, den Sportvereinen mit dem Roten Kreuz und den Frauen und Männern im Ehrenamt, den vielen Engagierten gerade im Volksbund an eine Zeit, die meine Großeltern noch erfahren haben und nie gerne darüber sprachen.
Trauern wir gemeinsam an einem solchen Tag um die vielen bekannten Opfer, aber noch mehr um die vielen unbekannten Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und die vielen, die durch diese Zeit geprägt wurden bis in die heutige Zeit hinein.
Wir leben in einer Zeit, in der Menschen weiterhin die Not und Hilflosigkeit des Krieges spüren, dabei spielt nicht die eigene Verteidigung, sondern die Erweiterung des eigenen Territoriums eine Rolle. Machtansprüche werden sichtbar.
Frieden und Wohlergehen der Völker: als Kirchen versuchen wir Schritte des Friedens zu gehen. Papst Franziskus hat uns einen wichtigen Hinweis dazu gegeben:
«In vielen Religionen gibt es Erzählungen über den Ursprung des Menschen und seine Beziehung zum Schöpfer, zur Natur und zu seinen Mitmenschen. Das Buch Genesis in der Bibel zeigt von Anfang an auf, wie wichtig die Sorge und das Hüten im Plan Gottes für die Menschheit sind, indem es die Beziehung zwischen Mensch (’adam) und Erde (’adamah) wie auch zwischen Geschwistern hervorhebt. Im biblischen Schöpfungsbericht vertraut Gott den „in Eden gepflanzten Garten“ (vgl. Gen 2,8) Adam an mit dem Auftrag, „ihn zu bearbeiten und zu hüten“ (vgl. Gen 2,15). Das bedeutet einerseits, die Erde fruchtbar zu machen, und andererseits, sie zu schützen und ihre Fähigkeit zu bewahren, das Leben zu ernähren.»[2]

Wir – Sie und ich – haben den Auftrag erhalten, die Erde zu hüten und zu bewahren. Er sagt weiter: «In dieser Zeit, in der das Boot der Menschheit, vom Sturm der Krise gebeutelt, auf der Suche nach einem ruhigeren und friedlicheren Horizont mühsam vorankommt, ermöglichen uns das Ruder der Menschenwürde und der „Kompass“ der sozialen Grundprinzipien einen sicheren und gemeinsamen Kurs.»[3]
Die Ursache für den Krieg liegt in der Abwertung der anderen Person – ihn klein zu machen – ihn in Vergessenheit geraten zu lassen.
In dem wir heute allen Menschen gedenken, die unter Krieg und Gewaltherrschaft ihr Leben verloren haben, bekommen auch Unbekannte im Tod ihre Würde. Wir wollen Sie nicht vergessen, sondern ihr Andenken wahren.

Wir wollen es anders machen, deshalb sind wir heute hier! – Amen.
[1] https://gedenkportal.volksbund.de/gedenktage/volkstrauertag-2021 (abgerufen 01.11.2021)
[2] Papst Franzikus: 54. Weltfriedenstag 2021: Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden; https://www.vatican.va/content/francesco/de/messages/peace/documents/papa-francesco_20201208_messaggio-54giornatamondiale-pace2021.html (abgerufen 01.11.2021)
[3] Ebd.